30. November 2023

Rede des Stadtverordneten Felix Kisseler zur Haushalts – Generaldebatte in der Stadtverordnetenversammlung am 30. November 2023

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede, ich danke den MitarbeiterInnen der Verwaltung, allen voran 16 und der Kämmerei und natürlich dir, lieber Reinhardt Völker, für die Ermöglichung der Haushaltsplanberatungen des Finanzausschusses.

Anrede,

ich trete mit einem Geständnis vor sie:

Ich wünschte, der von der Kooperationsmehrheit beschlossene Haushaltsantrag sähe anders aus. Ich wünschte, da würden 17 Millionen mehr beim Zuschuss Eswe Verkehr stehen, das doppelt und dreifache für Umwelt&Klimaschutz. Ich wünschte, wir hätten den Empfehlungen der Fachjury im Kulturbereich folgen können und hätten beim Handlungsprogramm Jugend nicht gekürzt, wären ohne eine Erhöhung der Kitagebühren ausgekommen, ohne Gewerbesteuererhöhung.

Ich wünschte, es wäre uns gelungen, all die geforderten Stellen zuzusetzen, die die MitarbeiterInnen unserer Verwaltung so dringend als Entlastung bräuchten.

Das sind Punkte, die mich schmerzen, die mich schlecht schlafen haben lassen.

Trotzdem stehe ich hier und heute vor ihnen und bin stolz auf das gemeinsame Werk der Kooperation. Denn wir haben ein Ergebnis erreicht, dass die Sorgen unserer Bevölkerung über den Kämmererentwurf nicht Realität werden lässt. Es ist das Ergebnis einer enormen Kraftanstrengung und ich möchte den PartnerInnen aus der Koop, seien sie grün, rot oder lila, danken: Dieses Ergebnis ist all die Mühen wert gewesen.

Anrede,

der Haushalt der Kooperation ist genehmigungsfähig. Wir halten mit dem vorliegenden HH die Vorgaben des Innenministeriums ein. Das klingt nicht spektakulär, aber es ist eben der wesentliche Punkt: Ohne die Genehmigungsfähigkeit wären all die Mühen vergebens. Unsere Stadt und ihre Bevölkerung brauchen einen genehmigungsfähigen Haushalt, denn er gibt Sicherheit, dass die Leistungen der Stadt weiterlaufen.

Genehmigungsfähigkeit ist kein Selbstläufer. Wir müssen unsere Ausgaben in den Begriff bekommen.

235 Millionen. 235 Millionen, eine so enorme Summe, dass man sie in ein Verhältnis setzen muss, um sie zu begreifen. 235 Millionen Brötchen zu einem Euro hilft das nicht, aber auch 235 Millionen 1€ Brötchen müssen erstmal verdient sein. 235 Millionen, also fast 100 Millionen mehr, als die Kooperation dem Ergebnishaushalt zusetzt. 20 Millionen mehr, als die Stadt vor der Coronakrise zu Kenia-Zeiten als Rücklage hatte. 235 Millionen gibt die LHW nächstes Jahr mehr für Transferaufwendungen aus, als sie erhält. Für vorgeschriebene Pflichtleistungen. 235 Millionen sind mehr als die Hälfte aller weiteren Bedarfe.

Deshalb müssen wir gemeinsam mit anderen Kommunen, wir sind nicht allein in dieser Situation, die Einhaltung des Konnexitätsprinzips einfordern. Wer bestellt, der muss auch bezahlen, sonst gehen die Kommunen unter. Dazu haben wir einen Antrag gestellt und beschlossen. Gut so.

Leider sehe ich nicht, dass durch den Antrag allein das Geld doch noch kommen wird. Lassen sie uns daher auf Dinge blicken, die kommen werden, weil die Kooperation sie finanziert.

10 Millionen stellen wir auch im nächsten Jahr wieder zur Verfügung, um Maßnahmen für den Klimaschutz umsetzen zu können. Klimaschutz ist nicht nur das Gebot unserer Zeit, er ist vor allem nachhaltig. Und bitte verstehen Sie Nachhaltigkeit nicht als rein ökologischen Begriff falsch, Sie alle wissen, dass der Begriff der Nachhaltigkeit einem ökonomischen Ansatz entspringt.

20 Millionen für Eswe Verkehr, 10€ pro EinwohnerIn für den Ausbau des Radverkehrs. Das ermöglicht uns die Fortsetzung der Verkehrswende. Und ja, Eswe Verkehr wird weniger zur Verfügung gestellt als bestellt. Aber wir verhindern betriebsbedingte Kündigungen und finanzieren das, was dringend benötigt wird, ohne dass die Verkehrsleistung dramatisch gekürzt werden muss. Die vom rechten Flügel des Hauses immer wieder geforderte Konsolidierung wird ohne deren Zutun umgesetzt. Wir setzen 20 Millionen mehr zu als der Kämmererentwurf vorsah und deutlich mehr als alle anderen Fraktionen beantragt haben.

Der nächstgroße Kostenpunkt, wenn man die unterschiedlichen Positionen addiert, nämlich mit etwa 19 Millionen Euro, ist rein ideologischer Natur: Es geht um die Kinderbetreuung. Unsere Grüne Ideologie hält diese aus gleichen mehreren Aspekten für immens wichtig: Sie ist pädagogisch wertvoll und kommt den Kindern in der Erziehung zugute. Sie ist feministisch durch und durch, weil sie Eltern, vor allem Müttern, vor allem vor allem alleinerziehenden Müttern die Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens und der Berufsausübung gibt. Und der letzte Punkt leitet bereits über: Es ist die beste Wirtschaftspolitik, die man machen kann, ohne funktionierende, und das meint auch bezahlbare, Kinderbetreuung würde der Fachkräftemangel massiv verschärft werden.

Kleiner in der Summe, aber bedeutend in der Wirkung: Wir haben die konsolidierungsbedingten Kürzungen bei den Zuschüssen an die Freien Träger unserer Kulturlandschaft zurückgedreht. Wie eingangs erwähnt: Mehr wäre wünschenswert, aber zumindest wird so ein Kahlschlag in unserer Kulturlandschaft abgewendet. Ich denke, wir sind uns einig in der Auffassung, dass der immaterielle Wert der Kultur so groß ist, dass er nicht bezifferbar ist.

Der Wunsch nach mehr auch beim Thema Jugend, nach dem Kämmererentwurf sah die Schließung von drei Jugendzentren vor. Diese Jugendzentren werden auch mit unserem Haushalt schließen, der große Unterschied, Anrede, ist aber, dass sie am nächsten Tag ganz normal wieder öffnen werden, weil wir die benötigten 2,3 Millionen zugesetzt haben.

All diese Punkte fügen sich zusammen in einem Begriff: „Verantwortung“.

Wir sind von der Bevölkerung gewählt, um Verantwortung für diese Stadt zu übernehmen und ich denke, ich spreche hier für die Kooperation: Mit dem vorliegenden Haushalt übernehmen wir Verantwortung für unsere Stadt.

Allerdings haben wir uns gemeinsam auf einen einjährigen Haushalt verabredet. Und wir sollten die Situation nicht schön reden: Der 25er Haushalt wird noch einmal schwieriger werden als der 24er. Wie ein Marathon+20km. Und es ist jetzt schon deutlich: Ein „Weiter So“ kann es nicht geben, das können wir uns schlicht nicht leisten. Unsere Kommune braucht eine Transformation, um zukunftsfähig, um enkelsicher zu werden. Auch hier ist die Kooperation nicht untätig geblieben und übernimmt Verantwortung. Wir haben mehr als 50 Begleitanträge gestellt und beschlossen, um Lösungen für bestehende Probleme zu finden, um einfach besser zu werden.

Wir setzen eben nicht darauf, dass mit der Einforderung des Konnexitätsprinzip alles notwendige erledigt wäre. Die Digitalisierung der Verwaltung, die wir so stark finanzieren wie nie zuvor, muss vorangetrieben werden, es braucht die Optimierung der Arbeitsprozesse, Entbürokratisierung, umfassende Aufgabenkritik, Synergiehebungen und manchmal auch einfach nur ein nüchternes „Nein“ zu Projekten, die wir eigentlich gerne hätten. Die große Rathaussanierung können wir uns momentan nicht leisten, auch der Verwaltungsstandort Weidenborn kann nur realisiert werden, wenn er Kostenersparnisse bringt, sich also unterm Strich rechnet.

Aber, Anrede, was mir Hoffnung macht, ist das Wissen, dass unsere Stadt in dieser Situation von der progressiven Kooperation aus Grünen, SPD, Linken und Volt regiert wird. Ja, wir erhöhen die Einnahmen, aber dadurch schaffen wir das, was die Opposition nicht schafft: Wir legen einen gegenfinanzierten Haushalt vor, der dadurch genehmigungsfähig ist. Das unterscheidet uns von der Opposition, die für das nächste Jahr die vollständige Aufzehrung der Rücklagen und somit den Weg in die Zahlungsunfähigkeit beantragt hat. Soweit würde es natürlich nicht kommen, das Innenministerium würde das schlicht nicht genehmigen.

Aber liebe FDP, liebe FWG/PA: Besser als nichts! Das meine ich ernst: Sie haben wenigstens etwas vorgelegt. Das von der AfD nichts kommt – geschenkt, die AfD verweigert sich ja grundsätzlich der ernsthaften politischen Arbeit, aber das von der CDU nichts kommt, macht mich entsetzt und fassungslos. Werte CDU, Sie poltern und poltern, aber haben selbst keinen Lösungsansatz? Haben so gar nichts eigenes zu bieten? Sie sollten sich besser in Demut üben. Und lernen. Ich fürchte nämlich, es ist nicht nur mangelnder Wille, sondern auch mangelndes Können. Nach dem letzten Scheitern, als Sie höhere Ausgaben als die Kooperation gefordert und es noch nicht mal bemerkt haben, machen Sie jetzt nichts mehr außer Schimpfen. Unabhängig von der Tatsache, dass Sie die größte Fraktion des Hauses stellen: Opposition geht anders.

Warum aber überhaupt die Lautstärke der Opposition?

Sind wir doch mal ehrlich. Sie haben uns als Kooperation nicht zugetraut, dass wir einen Haushalt hinkriegen. Haben wir aber. Zum zweiten Mal hintereinander und unter den schwierigsten Bedingungen überhaupt. Und: Er ist genehmigungsfähig. Das ist weit entfernt von allem, was die Opposition fabriziert hat.

In der angespannten Haushaltssituation, Anrede, ist der Haushalt der Kooperation das Beste, was dieser Stadt passieren konnte.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.