13. Juli 2023

Rede des Stadtverordneten Felix Kisseler zu TO I TOP 9 in der Stadtverordnetenversammlung am 13. Juli 2023 „Ostfeld – Akzeptanzmanagement jetzt!“

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren,

liebe Besucher*innen,

in dem Film „Frankenstein Jr.“ von Mel Brooks gibt es den buckligen Diener Igor, gespielt von Marty Feldman, der die Pferde immer wieder piesackt, indem er ihnen den Namen der Haushälterin zuruft. Der Name „Blücher“ versetzt die Pferde in Panik und sie gehen bei dem Klang sofort durch.

In der Stadtverordnetenversammlung verursacht der Name Blücher keine derartige Reaktion. Blücher! Nein, alles ruhig. Anders ist es beim Namen Ostfeld. Wenn man den Namen Ostfeld in einer Rede erwähnt oder gar einen Antrag mit Namensnennung stellt, dann ist die Debatte gewiss und ebenso gewiss ist, dass es irgendwann in eine Grundsatzdebatte abdriften wird.

Seit März lauert auf der Tagesordnung der Antrag zum Thema Ostfeld. Zwei Sitzungen herrschte latente Anspannung, es gab verbale Scharmützel, obwohl eigentlich eher über Verfahrensweisen als Inhalte gesprochen wurde. Ostfeld! Schon geht es rund, da verlassen erste Stadtverordnete direkt den Saal, andere haben instinktive Schaumbildung in der Mundgegend.

Was steht denn eigentlich drin im Antrag, der sich im Laufe der letzten Monate durchaus verändert hat? Zum einen geht es dort um die bessere Einbindung von Farben der Opposition in den Prozess. Das ist nicht nur bei Projekten, die einen langen Zeitlauf haben, relevant, sondern auch grundsätzlich wichtig für Demokratien, dass Opposition nicht ausgesperrt wird.

Darüber hinaus soll den gegen das Projekt klagenden Grundstückseigentümern ein Gespräch angeboten werden. Das wird nicht alle Probleme in Wohlgefallen auflösen, aber zumindest die Bereitschaft zum Gespräch sollten wir als Kommune jederzeit signalisieren. Es wäre schließlich absurd, wenn die „Landeshauptstadt Wiesbaden“ nicht mit ihrer Bevölkerung sprechen würde – schließlich sind auch wir Stadtverordnete, Oberbürgermeister, Bürgermeisterin, etc. Teil dieser Bevölkerung.

Kommen wir zur Namensfindung: Die Namensproblematik habe ich schon erwähnt. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ein anderer Name andere Reaktionen hervorrufen würde. Wir können ja auch hierzu einen kurzen Versuch wagen. Westfeld! Nein, auch da habe ich Zuckreizungen gesehen. Aber dennoch sollte man es nicht mit dieser Begründung bei „Ostfeld“ lassen. Bollwerk Biehler würde beispielsweise viel schöner klingen.

Die Konfliktlinie, ist nicht in der Namensgebung begründet. Es gibt eben Herausforderungen bei der Stadtentwicklungsmaßnahme Ostfeld, die nicht ganz ohne sind, an denen sich erst zeigen muss, ob das Ostfeld überhaupt realisierbar ist. Schon hier teilen sich die Stadtverordneten auf, es gibt Fraktionen, die das Ostfeld ohne wenn und aber ablehnen. Oder eben befürworten. Wir Grüne gehören zu keiner dieser Fraktionen. Für uns sind die Erkenntnisse der Gutachten maßgeblich. Deshalb hatten wir nicht den Impuls nun einen Antrag zum Ostfeld stellen, stimmen dem vorliegenden Antrag aber zu: Zur Sinnhaftigkeit der Einzelpunkte habe ich bereits etwas ausgeführt.

Wir Grüne gieren nach den beauftragten Gutachten. Die Thematik treibt uns um, raubt uns den Schlaf. Das Ostfeld ist eben nicht ein Projekt unter vielen, die Auswirkungen der Realisierungen beeinflussen die unterschiedlichsten Bereiche, z.B. Klima, Ackerflächen, Verkehrsaufkommen, städtische Ausgaben, Mietpreisentwicklung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Deshalb will dieses Projekt sorgfältig abgewogen werden, auf Grundlage von belastbaren Fakten, die uns die Gutachten liefern werden.

Ich verstehe die Sorgen, die manch einer oder eine von uns hat. Diese wären mit einer Beendigung der SEM schlagartig weggewischt. Allerdings hätten wir dann noch immer die drängenden Probleme auf dem Mietmarkt – und in Wiesbaden sind inzwischen 296.000 EinwohnerInnen gemeldet – ebenso wäre der Verbleib des BKAs in unserer Stadt ungewiss.

Deshalb braucht es sowohl die Gutachten und die Fortschreibung der KoFi, als auch die intensive Debatte. Alles andere wird der Thematik nicht gerecht.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit, wir stimmen dem Antrag in dieser Form zu.