11. Juli 2024

Rede der Stadtverordneten Gesine Bonnet von Bündnis 90/Die Grünen zu TO I TOP 6 “Synergien bei Baumaßnahmen nutzen” in der Stadtverordneten­versammlung am 11. Juli 2024

Es gilt das gesprochene Wort

Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren,

Baustellen nerven. Da sind wir uns in diesem Raum wohl ausnahmsweise einig. Baustellen bremsen den Verkehrsfluss, nötigen zu Umwegen und oft machen sie auch noch Lärm. Bestes Beispiel: Der folgenschwere Wasserrohrbruch am Gustav-Stresemann-Ring. An dieser Stelle möchte ich allen, die dort bei Hitze und Regen am Arbeiten sind, die Maßnahmen koordinieren, Umleitungen planen und Busfahrpläne anpassen, ein ganz herzliches Dankeschön sagen!

Baustellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, stehen aber auch für etwas anderes: Für Erneuerung und zupackendes Tun und bisweilen sogar für ein Lebensprojekt. Wer ein Haus baut oder saniert, weiß, wovon ich spreche. Bei Baustellen im Straßenraum ist das weniger im Blick. Dabei ist der Erhalt und die Erneuerung unserer öffentlichen Infrastruktur ein Generationenprojekt, das uns als ganze Stadtgesellschaft fordert. Es sichert das Funktionieren dieser Stadt in der Zukunft und kann unser gemeinsames Zuhause schöner machen – dazu gleich.

Ich denke hier nicht nur an den Sanierungsstau, der kaum kurzfristig abzuarbeiten ist: marode Straßen, Brücken und Kanäle, die durch starken Verkehr und vermehrte Hitzesommer – siehe Salzbachtalbrücke – zusätzlich unter Druck geraten.

Ich denke hier insbesondere an den Umbau unserer Energieinfrastruktur im Zuge der Energiewende, ein gewaltiges Projekt, das uns vermutlich die nächsten zwei Jahrzehnte beschäftigen wird. 

Und ja: All das geht einher mit Baustellen. Baustellen, die nerven, aber auch Baustellen, die dafür stehen, dass es vorangeht in Wiesbaden, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was machen wir jetzt damit? Bestmöglich koordinieren, Abstimmung mit den Leitungspartnern im frühestmöglichen Stadium, damit dort, wo eine Straße aufgerissen wird, gleich möglichst viel miterledigt werden kann und nicht kurz darauf eine neue Baustelle droht. Das spart Zeit, Kosten und Nerverei und ist deswegen ein wichtiger Anspruch unseres Verkehrsdezernats.

So wird jetzt auch am Gustav-Stresemann-Ring vorgegangen, so hält man es an der Ringkirche und das war auch die Maßgabe bei der Gerichtsstraße, die wir just heute offiziell als Fußgängerzone eröffnet haben. Auch so ein Meilenstein! Danke allen, die hier Hand in Hand gearbeitet haben, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen und es war wunderbar zu sehen, wie diese Fußgängerzone gleich von Groß und Klein – einen Spielpunkt gibt es hier auch – in Besitz genommen wurde.

Die FDP war übrigens pfiffig, sie hat gleich erkannt, welche Chancen darin liegen, wenn eine Straße zu einer lebendigen Flaniermeile wird und hat dort frühzeitig ihre Geschäftsstelle hin verlegt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Ihnen und euch vorliegenden Antrag wollen wir jetzt noch einen Schritt weitergehen.

Ausgehend von dem geplanten Fernwärmeausbau in der Innenstadt wollen wir noch strategischer Synergien nutzen, Sanierungen langfristiger planen und vor allem frühzeitig ins Auge fassen, welche Umgestaltungen des öffentlichen Raums im Zuge der Baustellen sinnvollerweise gleich mit umgesetzt werden können. Dafür bitten wir den Magistrat um einen Verfahrensvorschlag, der ein standardisiertes, abgestimmtes Vorgehen ermöglicht:

Das Motto dabei: Wenn schon eine Baustelle, soll es nachher schöner aussehen und besser funktionieren für alle Verkehrsteilnehmenden.

Dazu gehört für uns beispielsweise:  

  • mehr Platz zu schaffen für Menschen, zum Flanieren und Verweilen,
  • mehr Bäume und andere Begrünungen vorzusehen
  • durchgängige Radwege und mehr Sicherheit für Kinder in dieser Stadt zu ermöglichen
  • mehr Barrierefreiheit.

Der Fernwärmeausbau, der mit vielen Baustellen über viele Jahre einhergeht, kann so zu einer Chance werden für eine menschenfreundliche Entwicklung unserer Stadt. Wir können ihn nutzen, um in unserer Innenstadt mehr Aufenthaltsqualität und urbanen Charme zu schaffen, zumal sie sich durch den zunehmenden Online-Handel ohnehin neu erfinden muss. Und wir können uns zugleich auch rüsten für den Klimawandel, für den Umgang mit Starkregen und eine bessere Hitzevorsorge.

Ein Vorbild dafür kann der im Ausschuss vorgestellte Umbau der Schwalbacher Straße werden. Hier lautet das zusätzliche Ziel, die trennende Wirkung der Straße zu reduzieren – ein Projekt, das erfreulicherweise von einer breiten politischen Mehrheit begrüßt wird und an dem derzeit die verschiedensten Fachämter und ESWE Versorgung intensiv arbeiten. Ich drücke alle Daumen, dass es trotz knapper Vorlaufzeiten gelingt, hier etwas wirklich Neues zu schaffen.

Allerdings ist uns bei unserem Antrag auch klar, dass es nicht immer, um solche ambitionierten Vorhaben geht. Manchmal lautet schlicht das Ziel, ein oder zwei Straßenbäume einzuplanen, wo vorher keine waren. Einen Fußweg etwas zu verbreitern oder einen Radweg zu markieren.

Und natürlich geht’s auch ums liebe Geld! Aber genau das ist ja ein Anliegen unseres Antrags: Wir wollen auch bei den Investitionskosten Synergien optimal nutzen: Mittel für Tiefbauarbeiten beim Fernwärmeausbau mit städtischen Geldern und möglichst vielen Fördermittel verbinden.

Klar braucht es auch hierfür entsprechende Prioritätensetzungen im Haushalt. Aber seien wir ehrlich, nur wenn wir diesen Weg gehen und Ressourcen bündeln, rücken Projekte überhaupt in den Rahmen des Machbaren.

Also: Lassen Sie uns die notwendige Transformation verbinden mit nachhaltiger, strategischer Stadtentwicklung, lassen Sie uns gestalten und in Lösungen denken, statt Probleme vor uns herzuschieben.

In diesem Sinne laden wir Sie ein, unseren Antrag zu unterstützen, vielen Dank.