3. März 2016

Akteneinsichtnahmeausschuss zum Verkauf des Grundstücks Parkhaus Rhein-Main-Hallen / Wilhelmstraße – Rede der Stv. Dorothea Angor

Rede der Stadtverordneten Dorothea Angor von Bündnis 90/Die Grünen zu TOP I/6  in der Stadtverordnetenversammlung am 3. März 2016

Es gilt das gesprochene Wort

 

Den Bericht des Aktenausschussvorsitzenden haben wir jetzt alle zur Kenntnis nehmen können.

Doch haben sich damit unsere Fragen geklärt?

Um was geht es denn hier vor allem? hier geht es doch um den Umgang mit der Wahrheit! Oder lassen sie es mich anders sagen: Hier geht es doch vor allem um die Glaubwürdigkeit von Politik!

Wenn wir heute hier diese vermurkste Geschichte politisch bewerten, fällt schnell auf, dass bei Ihrem Handeln Ehrlichkeit keine wesentliche Rolle gespielt hat.

Mehr noch: Ihre Interpretation von Wahrheit ist schon äußerst abenteuerlich.

Unvergessen der unrühmliche Höhepunkt, damals in der Casinogesellschaft, als Herr Jahn einen Entwurf präsentierte und verteidigte, der längst von der Koalition abgeräumt war.

Der Traum war doch da für Sie längst ausgeträumt, liebe Frau Scholz! Und bei aller Wertschätzung ihrer Person: Was um alles in der Welt hat Sie nur bewogen, sich für diese Lügeninszenierung zur Verfügung zu stellen? Warum haben Sie damals nicht einfach den hunderten Menschen, die dort anwesend waren, die Wahrheit gesagt? Was hatten sie zu verlieren? Sie hätten doch nur gewinnen können:

Vertrauen durch Aufrichtigkeit, auch wenn sie schmerzlich ist.

 

Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit sind Tugenden, die doch vor allem ein Parlament als oberste Maxime anlegen sollte. Und genau das ist der Schaden, den Sie uns allen hier – uns als Stadtparlament – zugefügt haben: Wir alle hier sind durch diese Machenschaften betroffen. Wir wissen doch, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen Schlüsse ziehen und sagen „Diese Politiker da im Rathaus, die lügen doch alle“ –

Ehrlichkeit aber, und das müssten Sie alle wissen, Ehrlichkeit ist die Grundvoraussetzung für Glaubwürdigkeit und Vertrauen.

Sie haben das Vertrauen verspielt!

Und dieser angerichtete Schaden ist nicht in Millionen Euros zu benennen, aber, so ist zu befürchten, in einer immer raumgreifenderen Politikverdrossenheit.

Wenn nun am Sonntagabend eine noch geringere Wahlbeteiligung festgestellt wird, möchte ich von Ihnen kein Wehklagen hören und keine GROKO-Tränen sehen. Der Vertrauensverlust in Politik und in die politisch Handelnden wurde mit dieser gefährlichen Mischung aus Hybris und Dilettantismus durch Sie bestärkt!

Ich fürchte, nicht nur die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener, die sich seit Jahrzehnten ein Stadtmuseum wünschen, wenden sich nach diesen Vorkommnissen rund um die Wilhelmstrasse 1 enttäuscht von der Politik dieser Stadt ab. Ihr „Verdienst“ wird sein, dass das Thema Stadtmuseum auf Jahre nicht wirklich ernsthaft und groß, geschweige innovativ gedacht werden kann – was man ja allein schon an ihrem beständigen Ignorieren der in jeder Hinsicht bemerkenswerten und vor allem beachtenswerten Initiative rund um das alte Gericht feststellen muss.

Konstruktive, gute und realisierbare Ideen werden von ihnen ignoriert: Ihre Maxime: „Was ich nicht will, gibt es nicht.“ Fertig. Die drei Affen scheinen auch hier einmal mehr als Vorbild fungiert zu haben.

Glauben Sie mir: ich hätte wirklich zu gerne mit Ihnen zusammen die letzten Jahre genutzt, um konstruktive Kulturpolitik in Wiesbaden auf den Weg zu bringen und umzusetzen.

Stattdessen mussten wir uns hier als Opposition, und da spreche ich sicher für alle Kolleginnen, jahrelang kräftezehrend einsetzen und positionieren –

gegen diese Art Hinterzimmerpolitik,

gegen diese Art, Eigeninteressen über das Gemeinwohl zu stellen und Eitelkeiten zu stillen.

Die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener wollen einen anderen Politikstil, einen, der sich durch Glaubwürdigkeit und damit durch Ehrlichkeit auszeichnet.

Letztes Mal habe ich mit Hilfe des Begriffes der „Liebe“ – oder genauer mit dem Begriff der „Leidenschaft“ ihr fragwürdiges Handeln im Bezug auf das Jugendfestival Folklore aufzuzeigen versucht. Heute musste ich über mangelnde Ehrlichkeit oder das Fehlen einer Wahrheit reden. Ich hoffe, im Mai die Gelegenheit zu bekommen, hier über „Verantwortung“ reden zu können.

Denn das ist, wie ich finde, das Spannungsfeld, indem Politik stattfinden muss.