17. Mai 2023

Handlungsprogramm „Klimaneutrales Wiesbaden“

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE. und Volt zur Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 17. Mai 2023

Die Energie- und Treibhausgasbilanz für die Stadt Wiesbaden (Juni 2022) zeigt: Wir müssen mehr tun, um unsere kommunalen Klimaschutzziele und damit auch die Ziele des Pariser Abkommens zum Klimaschutz zu erreichen. Der aktuelle Bericht des Weltklimarates (IPCC) weist mit verschärften Warnungen darauf hin, dass uns die Zeit davonläuft und dass dringender Handlungsbedarf besteht, um die Schäden durch den Klimawandel zu begrenzen.

In Wiesbaden müssen daher sehr schnell entscheidende Weichen gestellt werden, damit die Stadt ihren Beitrag zur Erreichung des 1,5-Grad-Zieles leisten kann.

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

I. Die Stadtverordnetenversammlung bekräftigt den Beschluss zum Klimanotstand vom 27.09.2019 und bestätigt die darauf aufbauenden Beschlüsse, insbesondere Beschluss Nr. 0293[1] (Kommunalen Klimaschutz wirksam vorantreiben).

Sie sieht darüber hinaus angesichts der durch den Klimawandel ausgelösten und sich rasant beschleunigenden existentiellen Bedrohung der Menschheit die Notwendigkeit, die Wiesbadener Klimaschutzziele nachzuschärfen:

  1. Bis 2030 sollen die stadtweiten Treibhausgas-Emissionen linear um 65 % gesenkt werden, d. h. von aktuell ca. 3 Mio. Tonnen CO2 auf 1,05 Mio. Tonnen CO2.
  2. Bis 2035 wird für die Stadt insgesamt Klimaneutralität angestrebt (gemäß der auf Endenergieträger bezogenen THG-Bilanz nach der Bilanzierungssystematik für Kommunen – BISKO-Standard).

Diese Ziele gelten grundsätzlich sowohl für den Stadtverbund (Ämter, Beteiligungen und Eigenbetriebe) als auch für die Landeshauptstadt insgesamt. Die Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen durch Energieeinsparung, den Ausbau der Erneuerbaren Energien bzw. den Einsatz grüner Energieträger sowie durch die Reduzierung des Einsatzes fossiler Energieträger sind erheblich zu intensivieren und zu beschleunigen. Dabei ist die Unterstützung seitens der Bundesebene durch geeignete rechtliche Grundlagen und finanzielle Förderung von zentraler Bedeutung für das Erreichen der Ziele.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne des Klimaschutzes der Europa-, Bundes- und Landesebene sollen nicht nur ausgeschöpft werden, sondern unter Berücksichtigung der Fördermöglichkeiten und einer Lebenszykluskostenbilanz übertroffen werden. Wo lediglich die rechtlichen Mindestanforderungen eingehalten werden können, ist dies wirtschaftlich und klimabilanziell zu erläutern.

II. Der Magistrat wird gebeten,

zum Erreichen der nachgeschärften Klimaschutzziele die bereits vorhandenen Instrumente wie z. B. das Klimaschutz-Management konsequent anzuwenden und auszubauen. Ergänzend sollen die im folgenden genannten Instrumente erarbeitet und eingeführt werden:

a) Handlungsprogramm „Klimaneutrales Wiesbaden“

Dieses beinhaltet:

  1. die Aktualisierung und Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes inkl. des gesetzlich vorgeschriebenen Wärmeplans bis Ende 2023 mit der verbindlichen Aufstellung eines Klimaschutzplans für Wiesbaden mit Regelungen von Verantwortlichkeiten und Verbindlichkeiten für die Akteure / Fachbereiche / Einheiten des Stadtverbunds.
  2. ein dreijähriges Monitoring zur stadtweiten Treibhausgas-Bilanz (THG-Bilanz).
  3. einen Energiebericht alle 2 Jahre über städtisch verwaltete und genutzte Immobilien zur Erfolgskontrolle der Reduktionsziele.
  4. die Festlegung mess- und quantifizierbarer Reduktionspfade in den einzelnen Zuständigkeiten im Stadtverbund mit zweijähriger Berichtspflicht und Regelungen bei Nicht-Erfüllung.
  5. Die für die Umsetzung des Klimaschutzplans sowie des Klimaschutzmanagements erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen sind zu ermitteln.
  6. Bei der finanziellen, organisatorischen und personellen Absicherung haben diejenigen Klimaschutzmaßnahmen im städtischen Zuständigkeitsbereich Vorrang, die in Relation von Reduktionsziel und eingesetzten Ressourcen unter Berücksichtigung ggf. bestehender Fördermöglichkeiten die besten Ergebnisse erzielen.

b) CO2-Bilanz und „Klima-Ampel“ in Sitzungsvorlagen

Von den verantwortlichen Ämtern und Dezernaten sind bei städtischen Maßnahmen und Vorhaben die damit verbundenen Auswirkungen auf die CO2-Bilanz zu ermitteln. Ergänzend sind die Klimafolgenkosten gem. Umweltbundesamt (nach standardisierten Berechnungsmethoden in Euro pro Tonne CO2-Äquivalenten) anzugeben.

Es soll ein Konzept erarbeitet werden, wie diese Klimawirkungsprüfung über den voraussichtlichen Lebenszyklus des Vorhabens in den zugehörigen Sitzungs- und Beschlussvorlagen anschaulich dargestellt werden kann (z. B. durch eine „Klima-Ampel“).

[1] https://piwi.wiesbaden.de/antrag/detail/2292011?dokument=2297118